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AKTUELLES

Ist die Durchführung einer sog. "Ersatzrichtgrößenprüfung" in Bayern erlaubt? | 15.04.2011

Die Verfahren bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Verordnungsweise werden vom Gesetzgeber immer wieder modifiziert. Zumeist sollen Möglichkeiten eröffnet werden, um trotz bestehender Schwierigkeiten in einzelnen Verfahrenspunkten, die Durchführbarkeit der Prüfverfahren insgesamt zu erhalten.

Dies zeigt sich aktuell z.B. in der KV Bayern. Weder für das Kalenderjahr 2009 noch für 2010 wurden in Bayern Richtgrößenvereinbarungen getroffen. Es existieren folglich keine wirksam vereinbarten Richtgrößen, so dass die Durchführung einer Richtgrößenprüfung im Grunde nicht durchführbar wäre. Dennoch verschickt die KV Bayern derzeit die ersten Prüfbescheide zu Richtgrößen- und Heilmittelregresse für das Quartal I/09.

In den Prüfbescheiden wird ausgeführt, dass auf Grund einer fehlenden Richtgrößenvereinbarung für das Kalenderjahr 2009 eine Prüfung wegen Überschreitung der Richtgrößenvolumina nicht möglich ist. Stattdessen wurde eine sogenannte „Ersatzrichtgrößenprüfung“ auf der Grundlage des Prüfgruppendurchschnitts nach „ansonsten den gleichen gesetzlichen Vorgaben durchgeführt“.

Konkret werden in einem ersten Schritt die durchschnittlichen Kosten für Arzneimittel bzw. Heilmittel mit den durchschnittlichen Kosten der Vergleichsgruppe verglichen.

Statt jedoch das sogenannte „offensichtliche Missverhältnis“ bei 40 – 50 % anzusetzen, wonach grundsätzlich ein Regress erst oberhalb dieser Überschreitung ausgesprochen werden kann, überträgt an dieser Stelle  die KV Bayern sinngemäß die „Kürzungsregelungen“ der Richtgrößenprüfung. Danach setzt die Prüfungsstelle einen Regress fest, sofern die Überschreitung nach Abzug der Praxisbesonderheiten mehr als 25 % beträgt.

Die KV Bayern beruft sich hierbei auf § 106 Abs.2 Nr. 2 a.E. SGB V. Dort wird ausgeführt:

„Kann eine Richtgrößenprüfung nicht durchgeführt werden, erfolgt die Richtgrößenprüfung auf Grundlage des Fachgruppendurchschnitts mit ansonsten gleichen gesetzlichen Vorgaben“.

Diese Vorgehensweise ist jedoch nicht durch den Gesetzgeber gedeckt. In der Gesetzesbegründung zum GKV-WSG wird zu der genannten Vorschrift Folgendes ausgeführt:

„Richtgrößenprüfungen können nicht durchgeführt werden, wenn die Richtgrößenvereinbarung nicht fristgemäß zustande kommt oder wenn diese wegen sonstiger Mängel unwirksam ist. Für diese Fälle ist es sachgerecht, dass anstelle eines Wegfalles der Prüfmöglichkeit die Richtgrößenprüfungen anhand von Durchschnittswerten mit den ansonsten unverändert geltenden Vorgaben für die Richtgrößenprüfungen durchgeführt werden können.

Vorliegend ist eine Richtgrößenvereinbarung für Arzneimittel und Hilfsmittel im Bereich der KV Bayern für das Jahr 2009 weder nicht fristgemäß zustande gekommen noch leidet diese an sonstigen Mängeln. Dies, da eine Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2009 im Bereich der KV Bayerns überhaupt nicht geschlossen wurde. Hätte der Gesetzgeber auch bei Nichtvorhandensein einer Richtgrößenvereinbarung eine Richtgrößenprüfung mit den ansonsten unverändert geltenden Vorgaben durchführen wollen, hätte er dies explizit so formulieren müssen.

Von daher hat die KV Bayern vorliegend eine rechtswidrige Prüfmethode gewählt, da Sie die Grundzüge der klassischen Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten und der klassischen Richtgrößenprüfung in rechtswidriger Weise miteinander vermengt hat.

Da weder Richtgrößen vereinbart noch eine Richtgrößenvereinbarung geschlossen wurde, hätte die KV Bayern eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten durchführen müssen. Diese Prüfmethode sieht § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V nach wie vor ausdrücklich vor.

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass eine Richtgrößenprüfung grundsätzlich ausgelegt ist auf eine sogenannte Jahresprüfung. Durch das GKV – WSG wurde jedoch auch die Möglichkeit eingeräumt, einzelne Quartale einer Richtgrößenprüfung zu unterziehen, soweit dies die Wirksamkeit der Prüfung zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit erhöht und das Prüfverfahren hierdurch vereinfacht wird (§ 106 Abs. 2 Satz 5, 1. und 2. Halbsatz).

Vorliegend sind auch diese Voraussetzungen nicht ersichtlich. Eine solche Vorgehensweise wäre nur zulässig, wenn eine Situation vorliegen würde, in der die Durchführung einer Richtgrößenprüfung über nur ein Quartal gegenüber einer Jahresprüfung zur Verbesserung der Überprüfbarkeit der Wirtschaftlichkeit notwendig gewesen wäre. Anhaltspunkte hierfür werden von den Prüfgremien nicht behauptet und sind auch im Übrigen nicht erkennbar.

Betroffene Ärzte sollten in jedem Fall Widerspruch gegen entsprechende  Prüfbescheide erheben und auf die rechtswidrige Prüfmethode hinweisen.

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RK