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Schließung von Kita‘s und Schulen – Muss der Arzt sein Personal freistellen und ggf. weiterbezahlen? | 20.03.2020

Der Coronavirus sorgt aktuell in allen Bevölkerungsschichten für Unsicherheit in allen Berei-chen. Gerade auch bei der Berufsgruppe der Ärzte, die im Rahmen dieser Krise dringend gebraucht werden, stellt sich aber häufig die Frage, wie die Versorgung im Einzelfall sicher-gestellt werden soll. Einerseits muss mit einer erhöhten Anzahl krankheitsbedingter Ausfälle gerechnet werden und gleichzeitig wird die Betreuung der Familienangehörigen durch Schließung von Kita’s, Schulen und auch Tagespflegeeinrichtungen ein wesentliches Problem für Selbständige und Angestellte.

Vermehrt fragen Praxisinhaber daher nach, wie die Lohnfortzahlung geregelt ist, wenn Pra-xismitarbeiter wegen eines Betreuungsbedarfs zuhause bleiben (müssen).

Hierzu Folgendes:

Zunächst sollte im Einzelfall überprüft werden, ob aufgrund des Alters des Kindes eine Be-treuung überhaupt erforderlich ist.

Falls ja, müssen Eltern zunächst alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, die Kinder-betreuung anderweitig, z.B. durch Verwandte oder Bekannte sicher zu stellen. So wird in vielen Familien in Notfällen gern auf die Großeltern zugegriffen. Darauf sollte aber aktuell abgeraten werden, da diese wahrscheinlich durch das Coronavirus besonders gefährdet sind.

Erst wenn die erforderliche Kinderbetreuung nicht „anderweitig“ sichergestellt werden kann, und z.B. die Kita’s coronabedingt vorübergehend schließen, ist der Arzt als Arbeitgeber grundsätzlich nach § 616 BGB zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Diese Regelung besagt, dass der Arbeitnehmer aufgrund unumgänglicher Umstände von der Pflicht der Leistungser-bringung, also zu arbeiten, befreit ist.

Da aufgrund des Coronavirus dieses Leistungsverweigerungsrecht grundsätzlich besteht, dürfen Arbeitnehmer für wenige Tage (man geht hier von 5 bis maximal 10 Tagen aus) zu Hause bleiben und bekommen weiter Lohn gezahlt, ohne hierfür Urlaubstage in Anspruch nehmen zu müssen.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass dieses Recht aber durch arbeits- oder tarifver-tragliche Vereinbarungen eingeschränkt oder vollständig ausgeschlossen sein kann. Ein Blick in den Arbeitsvertrag schafft hier Klarheit.

Da das Kind selbst ja weder krank noch pflegebedürftig ist, können die betroffenen Arbeit-nehmer darüber hinaus weder auf „Pflegeunterstützungsgeld“ nach dem SGB XI noch auf „Krankengeld wegen Erkrankung des Kindes“ nach dem SGB V hoffen.

Sofern die Kitaschließungen länger als 5-10 Tage andauern sollten, sollte der Arzt gemeinsam mit dem Praxispersonal nach Lösungen suchen.

Möglich ist, dass zunächst - falls vorhanden - Überstunden abgebaut werden oder falls die Urlaubstage noch nicht verbraucht sind, der Arbeitnehmer bezahlten Urlaub nimmt.

Sind die Urlaubstage aufgebraucht, könnte man sich darauf einigen, unbezahlten Urlaub zu nehmen.

In den meisten Fällen besteht in Arztpraxen grundsätzlich nicht die Möglichkeit des „Home-offices“, es sei denn, die betroffenen Mitarbeiterinnen wären allein im „Organsiationsbereich“ für die Praxis tätig. Ggf. kann aber versucht werden, durch verkürzte oder verschobene Ar-beitszeiten einen Kompromiss zu finden, der die Funktionsfähigkeit der Praxis sicherstellt und gleichzeitig die Versorgung der Angehörigen ermöglicht.

Übrigens:

Wenn Ärzte aufgrund von Quarantäne nicht arbeiten können bzw. die Praxis geschlossen wird, kann für den Verdienstausfall nach § 56 des Infektionsschutzgesetzes eine Entschädi-gung verlangt werden. Spätestens drei Monate nach dem Ende der Maßnahme muss der Betroffene dazu einen Antrag bei der zuständigen Behörde seines Bundeslandes stellen. Zum Beispiel sind das in Hessen die Gesundheitsämter, in Nordrhein Westfalen die Land-schaftsverbände und in Bayern die Bezirksregierungen. Die Entschädigung richtet sich nach der Höhe „des letzten beim Finanzamt nachgewiesenen Einkommens“. Neben der Entschä-digung erhalten Ärzte zusätzlich einen Ersatz für die in dieser Zeit weiterlaufenden nicht ge-deckten Betriebsausgaben „in angemessenem Umfang“.

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RK