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Einigung in Sachen Form-Retax – Auf was haben sich die Verbände eigentlich geeinigt? | 14.07.2016
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hat sich im Rahmen eines Schiedsverfahrens mit dem GKV-Spitzenverband auf verschiedene Änderungen des Rahmenvertrages verständigt. Die Neuregelungen sollten nach der Einigung bereits ab Juni 2016 gelten.>/p>
Auf was haben sich die Verbände aber genau verständigt?
Grundsätzlich sollte nach den Wünschen der Apotheker erreicht werden, dass die Apotheker künftig keine Retaxation bekommen sollen, wenn es sich um unbedeutende Formfehler, d.h. solche, die nicht die Arzneimittelsicherheit oder die Wirtschaftlichkeit tangieren, handelt.
Im Rahmen der Einigung konnten verschiedene Fallkonstellationen festgelegt werden, bei denen Formalfehler überhaupt keine Rolle spielen, wann der Apotheker selbst nachbessern darf und in welchen Fällen der Arzt Änderungen vornehmen muss. Ein abschließender „Retax-Katalog“ konnte aber leider nicht erzielt werden.
Einige Fallkonstellationen sind aber für die Zukunft geklärt:
So ist z.B. die durch die Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung in den Mittelpunkt geratene Problematik, dass Verordnungen ohne Telefonnummer des Arztes und dessen Vornamen ausgestellt wurden, künftig unproblematisch. Die Parteien haben sich darauf verständigt, dass weder die fehlende Telefonnummer der Praxis noch der fehlende Vorname des Arztes ein Grund zu Retaxation sein soll. Letzteres zumindest, wenn der Arzt vom Apotheker identifiziert werden kann.
Fehlende Angaben zur Praxis (z.B. Berufsbezeichnung oder Anschrift der Praxis) dürfen künftig vom Apotheker ergänzt werden. Er muss jedoch kennzeichnen, dass die Ergänzungen von ihm stammen. Soweit der Patient fehlende Angaben selbst glaubhaft versichern kann, ist bei Formalmängeln auch die Rücksprache mit dem Arzt entbehrlich.
Geeinigt haben sich die Parteien auch darauf, dass das aut-idem-Kreuz handschriftlich gesetzt sein darf.
Weiterhin wird die Angabe des Ausrufezeichens bzw. der ausgeschriebenen Verordnungsmenge bei der Verordnung eines Vielfachen der größten Packungsgröße entbehrlich. Das Fehlen dieser Angabe wird kein Retaxationsgrund mehr sein.
Besonderheiten gibt es auch bei T-Rezepten und BtM-Rezepten: Bei T-Rezepten dürfen verrutschte Kreuze nicht mehr zu Retaxationen führen, wenn die vorhandenen Kreuze zuordnungsfähig sind. Weil diese Regelung sehr „schwammig“ ist, sollten die Apotheker dieser Problematik möglichst vorbeugen, in dem sie die Kreuze korrekt nachkreuzen lassen. Bei BtM-Verordnungen darf künftig keine Retaxation wegen eines nicht markierten „i.V.“ des Vertretungsarztes mehr vorgenommen werden, sofern der Apotheker aus Stempel und Unterschrift erkannt hat, dass es sich um einen Vertretungsarzt handelt. Auch hier empfiehlt es sich im Zweifel dies durch den Arzt auf der Verordnung klarstellen zu lassen.
Bei der Frage, ob ein Parallelimport oder das Original abgegeben werden darf, haben sich die Parteien darauf verständigt, dass der Rabattvertrag auch beim Vorliegen eines aut-idem-Kreuzes bedient werden soll. Die Anwendbarkeit der gegenteiligen Rechtsprechung des Sozialgerichts Koblenz haben beide Seiten ausgeschlossen.
Nachbesserungsmöglichkeiten bekommen die Apotheker zudem, wenn die Sonder-PZN nicht korrekt angegeben ist. Sofern der Apotheker im Einspruchsverfahren die Gründe für die Nichtabgabe des Rabattarzneimittels beweisen kann, darf künftig keine Retaxation durchgeführt werden.
Bei Verlust von Originalrezepten dürfen Apotheker künftig auch Duplikate zur Abrechnung einreichen, soweit diese entsprechend gekennzeichnet sind, um eine doppelte Verordnung auszuschließen.
Schließlich dürfen auch abgelaufene Rezepte künftig beliefert und nicht retaxiert werden, wenn die Abgabe nach Rücksprache mit dem Arzt notwendig ist und der Krankenkasse die Ursache der Verzögerung mitgeteilt wird.
Alle diese Einigungspunkte sollen künftig in § 3 des Rahmenvertrages integriert werden.
IK