Kanzlei Kuhlen

Kanzlei Kuhlen

Rathausplatz 4

34246 Vellmar

Tel: 0561/ 3 17 15 17

Fax:0561/ 3 17 15 18

info@kanzlei-kuhlen.de

Start > Aktuelles

AKTUELLES

Krankenkassen müssen das Vorliegen der Voraussetzungen für den Anspruch auf einen Kassenabschlag beweisen | 27.08.2015

Unter welchen Voraussetzungen die Krankenkassen einen Anspruch auf den sog. Kassenabschlag haben bzw. beim Vorliegen welcher Voraussetzungen dieser Anspruch entfällt, hat das Bundessozialgericht bereits in seiner Entscheidung vom 06.03.2012 (B 1 KR 14/11 R) entschieden.

Das BSG hatte seinerzeit den klagenden Apothekern Recht gegeben, das Landessozialgericht Hamburg aber im Rahmen einer sogenannten Zurückverweisung beauftragt, die Ansprüche der Apotheker einzeln zu benennen, auf die ein Kassenabschlag anzurechnen wäre.

Jetzt hat das Landessozialgericht Hamburg in diesem Rechtsstreit entschieden, dass den Krankenkassen die Beweislast für das Vorliegen einzelner dieser Voraussetzungen obliegt:

Der Ursprung des Streits liegt schon länger zurück. Konkret ging es in der Auseinandersetzung der inzwischen insolventen City BKK und des Hamburger Apothekervereins um Abrechnungen aus dem August 2003. Die Krankenkasse hatte die Abrechnungen verschiedener Apotheker wegen geltend gemachter Retaxationen aus dem Abrechnungsmonat Januar 2003 gekürzt. Nachträglich stellte sich heraus, dass die Retaxationen unberechtigt waren. In der Folgezeit entstand ein Streit über die Frage, ob die Krankenkasse im Abrechnungsmonat August 2003 aufgrund der verrechneten Retaxationen den Anspruch auf den sog. „Kassenabschlag“ verloren hatte.

Der „Kassenabschlag“ oder auch „Apothekerrabatt“ findet seine gesetzliche Grundlage in § 130 Abs.3 S. 1 und S.2 SGB V: Danach vermindern sich die Vergütungsansprüche der Apotheker für die Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte einer Krankenkasse - rückwirkend ohne weiteren Rechtsakt durch Bedingungseintritt – wenn die Krankenkasse die Rechnung vollständig innerhalb der Zehntagesfrist nach § 130 Abs.3 S.1 SGB V begleicht. Nach Ansicht des BSG hat der Apothekerrabatt den Charakter eines Skontos für die alsbaldige Zahlung.

Das BSG entschied in der zitierten Entscheidung, dass dieser Apothekerrabatt rechtlich gesehen jedoch unter der auflösenden Bedingung steht, dass der Vergütungsanspruch der Apotheker innerhalb der gesetzlich vorgesehenen 10-Tages-Frist beglichen wird. Die Bedingung trete nur bei vollständiger Zahlung oder entsprechender Erfüllungssurrogate (z.B. berechtigte Aufrechnung mit Gegenansprüchen) ein. Bloße Teilzahlungen könnten die Bedingung nicht auslösen.

Mit dieser Vorgabe verwies das BSG den Rechtsstreit zurück an das Landessozialgericht Hamburg, damit dieses klären sollte, welche der im Rahmen einer Sammelklage vom Hamburger Apothekerverband geltend gemachten Einzelforderungen vollständig erfüllt wurden und welche nicht. Bei allen Einzelansprüchen, die innerhalb der 10-Tagesfrist erfüllt wurden, sei der Apothekenrabatt von der Krankenkasse berechtigt angerechnet worden. Bei Einzelansprüchen, die nicht rechtzeitig beglichen wurden, sei die Krankenkasse dagegen – mangels Eintritt der auflösenden Bedingung – nicht zum Abzug eines Apothekenrabatts berechtigt gewesen und müsse diesen zurückzahlen.

In der Folgezeit stellte sich heraus, dass es nicht mehr möglich war, die Einzelansprüche und den Zeitpunkt ihrer Rechnungsstellung sowie den Zeitpunkt des Ablaufs der 10-Tagesfrist für jeden dieser Einzelansprüche festzustellen.

Juristisch betrachtet sind nun nach der aktuellen Entscheidung des LSG Hamburg die Tatsachen, die für den Eintritt der auflösenden Bedingung „rechtzeitige Zahlung innerhalb der 10-Tagesfrist“ notwendig sind, von demjenigen zu beweisen, der hierdurch einen Vorteil erlangt.

Konkret kürzt sich der jeweils an einen Apotheker zu zahlende Anspruch um den Apothekenrabatt“, wenn die im Einzelfall zu berechnende 10-Tagesfrist eingehalten wird. Diese für die Krankenkasse vorteilhafte Regelung könne je Forderung nur angewendet werden, wenn die Krankenkasse die Voraussetzungen für den Eintritt der Bedingung auch nachweisen kann. Weil die Krankenkasse dies vorliegend nicht konnte, entschied das LSG Hamburg, dass die gesamten in Streit stehenden Forderungen der Apotheker nicht um den Apothekerrabatt gekürzt werden durften, so dass die Krankenkasse - bzw. wegen deren Insolvenz nunmehr die Auffanggesellschaft – den gesamten zunächst in Abzug gebrachten Apothekerrabatt zurückzuzahlen hat.

Für die Apotheker ist diese Entscheidung wichtig, auch um sich gegenüber den Krankenkassen Respekt zu verschaffen:

Im Falle unberechtigter Retaxationen, die vor Eintritt der Rechtskraft von Krankenkassen verrechnet werden, können Apotheker daher die Rückzahlung der in Abzug gebrachten Apothekerrabatte bezogen auf die Gesamthöhe der jeweiligen Abrechnungsforderung geltend machen. Insoweit können schnell hohe Summen zustande kommen. Die konsequente Nutzung dieser Rechtsposition kann eine empfindliche Waffe der Apotheker gegen die „Retaxationswut“ mancher Krankenkassen sein.

<< zurück

IK