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Etappensieg der Apotheker im Streit mit der AOK Hessen wegen Sterilrezepturen: | 29.09.2014
Durch Selektivvertrag mit bestimmten Apotheken hatte die AOK die Belieferung von onkologischen Sterilrezepturen seit Dezember letzten Jahres auf einzelne Apotheken übertragen wollen. Nachdem mehrere Onkologen ihre Patienten weiterhin über die gewohnte Apotheke versorgt hatten, hatte die AOK Retaxationen vorgenommen.
Der Hessische Apothekerverband (HAV) hatte für ca. ein Dutzend Apotheker Widerspruch eingelegt. Insgesamt soll ein Streitwert von ca. 800.000 Euro im Raum stehen.
Ende Mai hatte die AOK alle Einsprüche zurückgewiesen. Am 04.09.2014 hat jetzt das Sozialgericht Darmstadt die Exklusiv-Verträge mit der Begründung, dass die freie Apothekenwahl gewahrt werden müsse, für unzulässig erklärt. Das Selbstbestimmungsrecht der Patienten wurde somit gestärkt.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die AOK Berufung bzw. Revision gegen die Entscheidung einlegen wird. Letzte Sicherheit haben die Apotheker daher aufgrund dieser Entscheidung noch nicht.
Rechtlicher Hintergrund:
Auch in § 129 Abs. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) V heißt es nur, dass die Krankenkassen mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen können – dies stellt aber kein Exklusivrecht dar. EineArt „Rabattvertrag“ mit einzelnen Apothekern ist in diesem Zusammenhang gerade nicht vorgesehen. Vor diesem Hintergrund verweist der HAV bisher auf die freie Apothekenwahl der Patienten und die Belieferungspflicht des Apothekers nach der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO).
Hinsichtlich des letzten Punktes behaupten die AOK-Vertreter, dass das Recht der Krankenkassen auf exklusive Vereinbarungen im Sozialgesetzbuch verankert ist. Somit werde auch die Belieferungspflicht des Apothekers nach der ApBetrO durch dieses höherrangige Recht verdrängt. Eine entsprechende zwingende Regelung im Zusammenhang mit der Belieferung mit Rezepturen durch Apothekenist dem SGB V jedoch nicht zu entnehmen.
„Wirtschaftliche Klärung“
Die Exklusivverträge der AOK drohen nun aber nicht nur juristisch, sondern im Vorfeld bereits aus wirtschaftlichen Gründen zu scheitern. Weil die verordnenden Ärzte nicht im Sinne der Krankenkassen mitspielen und die hochwirksamen Produkte in einer Apotheke hergestellt wissen wollen, zu der sie volles Vertrauen haben, erhalten die Apotheker, die Exklusivverträge geschlossen haben, nicht ausreichend Umsätze. Zwei Apotheker sollen bereits ihre Verträge gekündigt haben, weil die in der Ausschreibung ausgelobten Umsätze ausgeblieben seien.
Faktisch wird der Streit so möglicherweise gelöst sein, bevor das Bundessozialgericht eine Bewertung des Sachverhaltes abgeben kann.
IK