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Keine schnelle Einigung zu Nullretaxationen bei Sterilrezepturen in Hessen in Sicht | 25.06.2014
Die AOK Hessen treibt den Streit um onkologische Rezepturen weiter voran:
Durch Selektivvertrag mit bestimmten Apotheken hatte die AOK die Belieferung von onkologischen Sterilrezepturen seit Dezember letzten Jahres auf einzelne Apotheken übertragen. Nachdem mehrere Onkologen ihre Patienten weiterhin über die gewohnte Apotheke versorgt hatten, hatte die AOK Retaxationen vorgenommen.
Der Hessische Apothekerverband (HAV) hatte für ca. ein Dutzend Apotheker Widerspruch eingelegt. Insgesamt soll ein Streitwert von ca. 800.000 Euro im Raum stehen.
Die AOK hat nun Ende Mai alle Einsprüche zurückgewiesen. Sie beruft sich dabei auf eine Entscheidung der Vergabekammer des Bundes. Dort wurde in einem anderen Fall entschieden,dass die Wahlfreiheit der Versicherten faktisch nicht zum Tragen käme. Die Vergabekammer des Bundes gehe von einem Vorrang spezieller Regelungen gegenüber der Wahlfreiheit der Patienten aus. Die Wahlfreiheit könne nicht als „absolutes Recht über jedweden Wirtschaftlichkeitserwägungen“ stehen. Diese Entscheidung erging jedoch nicht im Zusammenhang mit der Belieferung von Rezepturen durch Apotheker.
Auch in § 129 Abs. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) V heißt es nur, dass die Krankenkassen mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen können – dies stellt aber kein Exklusivrecht dar. Eine Art „Rabattvertrag“ mit einzelnen Apothekern ist in diesem Zusammenhang gerade nicht vorgesehen. Vor diesem Hintergrund verweist der HAV bisher auf die freie Apothekenwahl der Patienten und die Belieferungspflicht des Apothekers nach der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO).
Hinsichtlich des letzten Punktes behaupten die AOK-Vertreter, dass das Recht der Krankenkassen auf exklusive Vereinbarungen im Sozialgesetzbuch verankert ist. Somit werde auch die Belieferungspflicht des Apothekers nach der ApBetrO durch dieses höherrangige Recht verdrängt. Eine entsprechende zwingende Regelung im Zusammenhang mit der Belieferung mit Rezepturen durch Apotheken ist dem SGB V jedoch nicht zu entnehmen.
Der HAV hatte für den Fall der Zurückweisung von Einsprüchen bereits im Vorfeld angekündigt, dass die Sozialgerichte angerufen werden sollen. Möglicherweise wird eine endgültige Klarheit erst durch eine Entscheidung des Bundessozialgerichts zu erreichen sein. Bis dahin verbleibt bei betroffenen Apothekern ein hohes Kostenrisiko, wenn die Belieferung der Patienten aufrechterhalten wird.
Die Apotheker haben nun die Aufsichtsbehörde der Krankenkassen eingeschaltet. Ob das Sozialministerium als Aufsichtsbehörde im Vorfeld der gerichtlichen Auseinandersetzung bereits einschreiten wird, ist wünschenswert, aber bisher nicht bekannt.IK