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Kosten für Sprechstundenbedarf haben in Richtgrößenprüfungen nichts zu suchen! | 28.03.2014

Immer wieder gibt es formelle Beanstandungen in Richtgrößenprüfverfahren, die bewirken, dass ein Regress schon aus diesem Grund vollständig aufgehoben werden muss. Ein solcher formeller Fehler ist aktuell vom SG München beanstandet worden.

Mit Urteil vom 28.06.2013 (Az.: S 28 KA 639/09) hat das SG München einen gegen eine Allgemeinärztin ausgesprochenen Arzneimittelrichtgrößenregress für das Jahr 2006 in Höhe von ca. 60.000 € bereits deshalb aufgehoben, da die Prüfgremien sämtliche Kosten für die Sprechstundenbedarfsverordnungen mit in die Gesamtarzneiverordnungskosten mit einbezogen hat. Hierfür gäbe es aber keine gesetzliche Grundlage.

Zutreffend führt das SG München in seiner Entscheidung aus, dass sich das Richtgrößenvolumen auf das Volumen der je Arzt verordneten Arznei- und Verbandmittel bezieht. Daneben können auch Harn- und Blutteststreifen sowie Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung (vgl. § 31 Abs. 1 Sätze 1, 2 SGB V a. F.) in Richtgrößen einbezogen werden. Für andere als diese genannten Hilfsmittel können Richtgrößen nicht festgelegt werden.

Von daher weist das SG München richtigerweise darauf hin, dass im vorliegenden Fall in das klägerische Arzneiverordnungsvolumen pauschal die Kosten des von der Klägerin verordneten Sprechstundenbedarfs in Höhe von ca. 25.000 € zu Unrecht bzw. ohne gesetzliche Grundlage einbezogen wurden.

Der Auffassung des SG München ist zuzustimmen, da man strikt zwischen einer Überprüfung der Wirtschaftlichkeit des Sprechstundenbedarf und einer Arzneimittelrichtgrößenprüfung zu unterscheiden hat.

Als Sprechstundenbedarf gelten nur solche Mittel, die ihrer Art nach bei mehr als einem Berechtigten im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung angewendet werden oder bei Notfällen für mehr als einen Berechtigten zur Verfügung stehen müssen. Arznei- oder Verbandmittel, die nur für einen Patienten bestimmt sind, stellen keinen Sprechstundenbedarf dar und sind daher mit Angabe der zuständigen Krankenkasse auf dem Namen des Versicherten zu verordnen. Nur solche Arznei- und Verbandmittel können in eine Arzneimittelrichtgrößenprüfung miteinbezogen werden. Da es sich bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit des Sprechstundenbedarfs einerseits und eine Arzneimittelrichtgrößenprüfung andererseits um zwei verschiedenen Prüfverfahren handelt, verbietet es sich von vornherein, die Verordnungskosten für Sprechstundenbedarf in die Gesamtarzneiverordnungskosten zu integrieren.

Bei Arznei- und Verbandstoffen hat man streng danach zu entscheiden, ob diese über Sprechstundenbedarf (also für mehr als einen Berechtigten oder für Notfälle) bezogen oder ob diese auf dem Namen des Versicherten verordnet wurden. Im ersten Fall handelt es sich um Verordnungskosten, die ausschließlich im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung des Sprechstundenbedarfs zu überprüfen sind. Im zweiten Fall handelt es sich um Verordnungskosten, die im Rahmen einer Arzneirichtgrößenprüfung überprüft werden können.Im Ergebnis ist somit die Auffassung des SG München zuzustimmen, dass die Einbeziehung der Kosten des von der Klägerin verordneten Sprechstundenbedarfs in das klägerische Arzneiverordnungsvolumen zu Unrecht bzw. ohne gesetzliche Grundlage erfolgte.

Diese Rechtsauffassung gilt jedenfalls für die Arzneimittelrichtgrößenprüfverfahren für die Jahre 2006 – 2008. Denn für die Kalenderjahre ab 2009 wurden in Bayern keine Richtgrößenvereinbarungen geschlossen. Es existieren folglich keine wirksam vereinbarten Richtgrößen, sodass die Durchführung einer Richtgrößenprüfung rein rechtlich überhaupt nicht möglich ist. Ab dem Quartal I/09 führten die Prüfgremien im Bereich der KV Bayern sogenannte „Ersatzrichtgrößenprüfungen“ auf der Grundlage des Prüfgruppendurchschnitts nach „ansonsten den gleichen gesetzlichen Vorgaben“ durch. Dabei werden in einem ersten Schritt die Kosten für Arzneimittel mit dem durchschnittlichen Kosten der Vergleichsgruppe verglichen.

Die Rechtsprechung des SG München ist nicht auf die ab dem Quartal I/09 durchgeführten Ersatzrichtgrößenprüfung anwendbar, da ab diesem Zeitpunkt keine „klassischen Richtgrößenprüfungen“ mehr durchgeführt werden.

Es zeigt sich aber, dass die formellen Anforderungen an ein Prüfverfahren nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Werden gesetzlichen Grundlagen nicht beachtet, kann allein diese Tatsache dazu führen, dass verhängte Regresse – unabhängig von existierenden Praxisbesonderheiten - vollständig aufgehoben werden müssen.

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RK