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Ärzte-Hopping! Worauf Ärzte beim Verordnen von Betäubungsmittel achten sollten! | 22.09.2022

Bei der Abgabe von Betäubungsmitteln treffen den Arzt umfangreiche Aufsichts-, Handlungs- und Prüfpflichten.

In einem aufsehenerregenden Urteil des Amtsgerichts München vom 26.07.2022, Az.: 1125 Ls 362 Js 107777/21 wurde ein 65-jähriger Rentner wegen Erschleichen von Betäubungsmittelverschreibungen, wegen Betruges sowie unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstraffe von 1 Jahr und 7 Monaten verurteilt.

Der Rentner war zwischen Februar 2016 und Dezember 2019 zu 7 verschiedenen Ärzten im Münchener Stadtgebiet gegangen und hatte sich von diesen jeweils Fentanyl-Pflaster verschreiben lassen, die unter anderem zur Behandlung starker chronischer Schmerzen eingesetzt werden. Der Rentner „vergaß“ allerdings bei den jeweiligen Ärzten zu erwähnen, dass er bereits entsprechende Rezepte von anderen Arztpraxen erhalten hatte. Einmal argumentierte er auch, er benötige ein Pflaster-Vorrat, da er auf einer Öl-Plattform arbeite und sich nur unregelmäßig in Deutschland aufhalte.

Diese Entscheidung gibt Anlass sich aus ärztlicher Sicht einmal mit den Voraussetzungen und Grenzen der Verschreibung von Betäubungsmitteln auseinanderzusetzen:

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 6 a und b BtmG wird mit Freiheitsstraffe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel (a) verschreibt oder (b) verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überlässt.

§ 13 Abs. 1 BtmG zieht die Grenzen einer Verschreibung und Abgabe von Betäubungsmitteln.

Nach dieser Vorschrift „dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen-, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Abs. 1 a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. In den Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Abs. 1 a Satz 1 überlassen werden.“

Verschreibungsberechtigt sind ausschließlich die in § 13 Abs. 1 BtmG aufgezählten Personengruppen, also auch die namentlich genannten Ärzte. Praxispersonal darf dementsprechend keine Betäubungsmittel verschreiben; diese Personen dürfen aber das Btm-Rezept bedrucken und/oder ausfüllen. Die Unterschrift unter das Btm-Rezept muss aber ausschließlich durch den Arzt selbst getätigt werden.

Zu beachten ist, dass nur solche Betäubungsmittel verschrieben werden dürfen, die in der Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz aufgeführt, also verkehrs- und verschreibungsfähig sind. Der Wirkstoff Fentanyl ist ausdrücklich in der Anlage III zum BtmG aufgeführt, darf also grundsätzlich nach Betäubungsmittelrecht als Arzneimittel verordnet werden.

Bei Fentanyl-Pflastern, die unter anderem bei starken chronischen Schmerzen eingesetzt werden, handelt es sich um hoch wirksame Opioide, die in etwa die 125-fache Wirkstärke von Morphin haben.

Besonderes Augenmerk ist auch auf die weiteren Einschränkungen der Verschreibungs- und Abgabebefugnis zu legen. Erforderlich ist weiterhin, dass die Anwendung des Betäubungsmittels am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet sein muss. Dies wird durch § 13 Abs. 1 Satz 2 BtmG noch weiter eingeschränkt, da es in einer begründeten Abgabe oder Verschreibung schon dann fehlt, wenn „der beabsichtigte Zweck auch auf andere Weise (z.B. durch andere Behandlungsmethoden) erreicht werden kann“.

Auf einem Btm-Rezept müssen nach den Vorgaben des § 9 der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung folgende Angaben gemacht werden:

- Angaben zum Patienten und der Krankenkasse

- Ausstellungsdatum

- Eindeutige Arzneimittelbezeichnung (die Menge des Arzneimittels muss im Gramm, Milliliter oder Stückzahl der abgeteilten Form angegeben sein, eine reine Normengrößenverordnung reicht nicht aus)

- Angabe der Beladungsmenge

- Gebrauchsanweisung (es müssen Angaben zur Dosierung des verordneten Arzneimittels auf dem Rezept stehen. Diese müssen als Einzel- und Tagesangaben erfolgen. Angaben wie „alle 72 Stunden“ oder „bei Bedarf“ sind nicht ausreichend)

- Buchstaben auf der Verordnung - in bestimmten Fällen (so bedeutet z.B. der Buchstabe „A“, eine Überschreitung der Höchstmenge innerhalb von 30 Tagen, der Buchstabe „N“ das Nachreichen einer bereits vorgelegten Notfallverschreibung)

- Arztstempel und -unterschrift (anzugeben ist der vollständige Name, Anschrift, Telefonnummer und Berufsbezeichnung des Arztes nebst eigenhändiger Unterschrift. Im Vertretungsfall muss zusätzlich der Vermerk „i. V.“ aufgebracht sein. Enthält der Stempel mehrere Namen, so ist der Name des Verordnenden zu unterstreichen)

Hinzuweisen ist darauf, dass Betäubungsmittel auf eine Verschreibung hin nur dann durch eine Apotheke abgegeben werden dürfen, wenn diese bei Vorlage nicht älter als 7 Tage ist.

Sind Angaben auf einem Btm-Rezept offensichtlich unrichtig oder widersprüchlich, darf die Apotheke das Betäubungsmittel – jedenfalls nicht ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt - nicht an den Patienten abgeben.

Die Frage, wie man in der Sprechstunde erkennen kann, dass ein Patient möglicherweise „Ärzte-Hopping“ betreibt, ist wie folgt zu beantworten

„Erste Anzeichen“ für ein „Ärzte-Hopping“ liegen vor, wenn

- ein unbekannter Patient kurz vor „Toresschluss“, also zumeist zum Ende der Sprechstunde, in der Praxis erscheint,

- dieser darauf hinweist, dass sein behandelnder Hausarzt für ihn z.B. wegen Urlaub nicht erreichbar ist und er deshalb auch keine Befunde mit dabei hat

- dieser weiterhin mitteilt, dass er z.B. aufgrund starker chronischer Schmerzen auf die Verordnung von Btm (z.B. Fentanyl-Pflaster) angewiesen ist, die er auch grundsätzlich von seinem Hausarzt verschieben erhält.

Hellhörig werden sollte ein Arzt in jedem Fall dann, wenn sich der Patient nicht körperlich untersuchen lassen möchte und konfuse Äußerungen zu seinem Krankheitsbild macht.

In solchen Fällen sollte der Arzt zunächst den vom Patienten angegebenen (Haus-) Arzt telefonisch kontaktieren. Sollte dort tatsächlich niemand erreichbar sein, sollten in jedem Fall eine körperliche Untersuchung sowie eine kurze Schmerzanamnese durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang sollte der Patient danach befragt werden, welcher Arzt in welcher Dosierung bisher Fentanyl verordnet hat und wie häufig die Pflasterwechsel erfolgen.

Sollte der Arzt zu dem Ergebnis kommen, dass vorliegend eine Verordnung ausgestellt werden kann, muss im Falle einer Vertretung – wie bei jedem anderen Fertigarzneimittel auch - die kleinstmöglichste Menge verordnet werden. Die Dosierung sollte an den festgestellten Bedarf angepasst werden.

Auffällig wäre es ebenfalls, wenn der „Vertretungsfall“ von einem Patienten häufiger in Anspruch genommen wird, ohne dass eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt möglich ist.

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RK