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Wissenswertes zu Nebentätigkeiten von Praxispersonal | 24.01.2022

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich jeder Arbeitnehmer berechtigt ist, mehrere berufliche Tätigkeiten auszuüben.Dies ergibt sich aus dem Grundrecht auf freie Berufsausübung (Artikel 12 des Grundgesetzes).Eine Nebentätigkeit bedarf grundsätzlich nicht der Genehmigung des Arbeitgebers Denn im Rahmen eines Angestelltenvertrages verpflichtet sich der Arbeitnehmer nach § 611 Abs. 1 BGB nur zur „Leistung der versprochenen Dienste“, ist aber nicht verpflichtet, seine gesamte Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen.

Nebentätigkeiten hat der Arbeitnehmer jedoch vor Aufnahme dem Arbeitgeber anzuzeigen, wenn dies vertraglich/tarifvertraglich vereinbart ist oder die Interessen des Arbeitgebers tangieren kann.

Kann der Praxisinhaber eine Nebentätigkeit verbieten?

Ein Verbot der Nebentätigkeit durch den Arbeitgeber ist möglich, wenn diese gegen ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers verstößt. Dies z.B. wäre dann der Fall,

- wenn der Arbeitnehmer einen Nebenjob bei einem direkten Wettbewerber ausübt,

- wenn der Arbeitnehmer durch den Nebenjob in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Arbeitnehmer nebenbei als Nachtwächter arbeitet und bei seinem Hauptjob dementsprechend müde und leistungsschwach ist oder sogar einschläft.

- wenn sich die Nebentätigkeit negativ auf die Wahrnehmung des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit auswirkt. Beispiel hierfür ist, wenn ein in der Anästhesie tätiger Krankenpfleger nebenberuflich als Leichenbestatter tätig ist (siehe Urteil des BAG vom 28.02.2002, Az.: 6 AZR 257/01)

- wenn gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen wird (siehe hierzu Ausführungen zu Frage 3).

Wie viele Stunden im Nebenjob sind zulässig? Hat der Arbeitgeber einen Anspruch darauf, dass eine Nebentätigkeit nur in einem beschränkten Stundenumfang ausgeübt wird?

Nach § 3 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZE) darf an Werktagen eine Arbeitszeit von 8 Stunden nicht überschritten werden (48 Std. pro Woche). Nur in Ausnahmefällen kann die tägliche Höchstzahl an Arbeitsstunden auf bis zu 10 Stunden verlängert werden (60 Stunden pro Woche). Diese Verlängerung setzt jedoch voraus, dass innerhalb von 24 Wochen oder 6 Kalendermonaten die durchschnittliche Arbeitszeit von 8 Std. pro Werktag nicht überschritten wird.

Aus dieser gesetzlichen Regelung ergibt sich für Arbeitgeber ein Anspruch darauf, dass Angestellte ihre Nebentätigkeiten zeitlich beschränken. Wenn z.B. eine MFA 8 Stunden am Tag in einer Praxis tätig ist, darf sie zusätzlich nach Feierabend nicht noch 3 Std. in der Gastronomie arbeiten.

Dagegen zulässig ist, wenn eine MFA z.B. vormittags 4 Std. in einer Praxis tätig ist und nachmittags 3-4 Stunden z.B. als Schreibkraft in einem Büro.

Weiterhin ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 ArbZG zwischen ihren täglichen Arbeitszeiten eine Ruhepause von mindestens 11 Std. einlegen müssen. Diese Pause kann leicht unterschritten werden, wenn Arbeitnehmer z.B. abends einer Nebenbeschäftigung in der Gastronomie nachgehen.

Hinzuweisen ist weiterhin darauf, dass nach § 5 Abs 2 ArbZG für Mitarbeitern in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen die 11-stündige Ruhezeit um bis zu 1 Std. verkürzt werden kann, wenn jede Verkürzung der Ruhezeit innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens 12 Std. ausgeglichen wird.

Dürfen Angestellte ihre Nebentätigkeit auch im Urlaub ausüben?

Nach § 8 des Urlaubsbundesgesetzes (BurlG) darf während des Urlaubs keine „dem Zweck widersprechende Erwerbstätigkeit“ ausgeführt werden. Der Urlaub soll der Erholung dienen und letztendlich krankheitsbedingten Ausfällen vorbeugen. Arbeitnehmer dürfen aber auch im Urlaub in einem gewissen Maß einer Nebentätigkeit jedenfalls dann nachgehen, wenn der Erholungszweck nicht gefährdet wird. So urteilte z.B. das Landesarbeitsgericht Köln, das einer Frau, die während ihrer Urlaubszeit auf einem Weihnachtsmarkt arbeitete, zu Unrecht gekündigt wurde. (Urteil vom 21.09.2009, Az.: 2 Sa 674/09) – um Streitigkeiten hier aus dem Wege zu gehen, sollte man zuvor das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen.

Wäre es ein Kündigungsgrund, wenn eine MFA eine Nebentätigkeit ausübt, obwohl sie krankgeschrieben ist?

Jedenfalls nicht erlaubt ist eine Nebentätigkeit während der Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers, wenn dadurch der Genesungsprozess beeinträchtigt wird. Das LAG Hessen entschied in einem Urteil vom 07.08.1997 (Az.: 12 Sa 297/97) im Falle einer Krankenschwester, die als Nachtwache eingesetzt war und die ohne Wissen ihres Arbeitgebers während der Zeit ihrer Krankschreibung als Arzthelferin in der Praxis ihres Ehemannes tätig war, dass die fristlose Kündigung – ohne Abmahnung - zu Recht erfolgte.

Letztendlich ist jeweils im konkreten Einzelfall immer zu prüfen, ob durch die Nebentätigkeit während einer Arbeitsunfähigkeit der Genesungsprozess beeinträchtigt wird oder nicht.

So könnte z.B. eine wegen Depressionen krankgeschriebene MFA argumentieren, dass ihr der Nebenjob (z.B. Austragen von Zeitungen an der „frischen Luft“) guttut und der Genesungsprozess durch die Nebentätigkeit sogar gefördert werden kann.

Sinnvoll und empfehlenswert ist es, wenn eine MFA im Hinblick auf Ihre Nebentätigkeit mit „offenen Karten“ spielt und bei Problemen sich persönlich an ihren Arbeitgeber richtet. So können häufig – ohne Einschaltung von Rechtsanwälten und Gerichten – (drohende) Unstimmigkeiten bereits im Vorfeld ausgeräumt werden.

RK

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RK