Kanzlei Kuhlen
AKTUELLES
Auswirkungen der Öffnung des Planungsbereichs auf ein Nachbesetzungsverfahren | 15.08.2010
Ein Mangel an Ärzten auf dem Land wird bereits jetzt häufig angeführt. Die Politik will zwar gegensteuern, erfolgsversprechende Konzepte sind aber bisher nicht erkennbar. Vor diesem Hintergrund wird es für Praxisabgeber zunehmend schwerer werden, einen Nachfolger für die eigene Praxis zu finden. Und umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass der folgende Fall eintritt:
Ein Arzt will im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens seinen Vertragsarztsitz auf einen Nachfolger übertragen und plötzlich wird diesem mitgeteilt, dass der Planungsbereich "geöffnet" wurde.
Die Vorgehensweise bei der Öffnung eines Planungsbereiches sieht wie folgt aus:
Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 der Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen von Amts wegen zu prüfen, ob in einem Planungsbereich eine ärztliche Unterversorgung besteht oder droht. Von einer Unterversorgung, die dann zur Öffnung eine Planungsbereiches führt, spricht man bei einem Unterschreiten des geplanten Bedarfs um 25 von 100 in der allgemeinen, bzw. um 50 von 100 in der fachärztlichen Versorgung.
In der Praxis kommt es immer häufiger vor, dass der Vertragsarztsitz eines Arztes nicht nachbesetzt werden kann, und dieser nach Ablauf einer gewissen Karenzzeit nach Aufgabe der ärztlichen Tätigkeit (zumeist 6 Monate) sodann "in Luft aufgeht".
Wird dann durch den Wegfall dieses Vertragsarztsitzes des Arztes der geplante Bedarf an Ärzten dieser Fachrichtung unterschritten, trifft der Landesausschuss einen Beschluss, in dem ausgeführt wird, dass der entsprechende Planungsbereich geöffnet wird. Dieser Beschluss wird dann in dem jeweiligen KV-Blatt veröffentlicht, versehen mit der Mitteilung einer sogenannten Bewerbungsfrist, die zumeist auf 6 Wochen festgesetzt wird.
Sofern sich ein Arzt in diesem Planungsbereich niederlassen möchte, braucht er lediglich einen Antrag auf Zulassung der vertragsärztlichen Versorgung zu stellen. Nach Ablauf der Bewerbungsfrist findet eine Sitzung des Zulassungsausschuss statt, in der dann - möglicherweise bei mehreren Bewerbern - ein Bewerber den "Zuschlag" erhält.
In zeitlicher Hinsicht dauert die beschriebene Vorgehensweise ca. 5 Monate.
Während der Phase des offenen Planungsbereiches werden zuvor eingeleitete Nachbesetzungsverfahren nicht weiter betrieben, so dass in der eingangs beschriebenen Fallkonstellation der abgebende Arzt seinen Vertragsarztsitz nicht an seinen Wunschkandidaten abgeben (oder besser verkaufen) kann. Für den übernehmenden Arzt besteht der Nachteil, dass das Verfahren sich in die Länge zieht. Im Idealfall – aus Sicht des übernehmenden Arztes – könnte er durch die Öffnung des Planungsbereichs sogar einen Vertragsarztsitz erhalten, ohne dafür einen Kaufpreis zahlen zu müssen.
Gelingt dies nicht, hängt die weitere Verfahrensfolge - sobald der Planungsbereich wieder gesperrt ist - von den einzelnen Zulassungsgremien ab. Entweder leben die vor Eröffnung des Planbereiches eingeleiteten Nachbesetzungsverfahren wieder auf oder diese sind erneut zu beantragen. Hierdurch würde zusätzliche Zeit verloren gehen.
Diese Problematik kann in gesperrten Planungsbereichen umgangen werden, indem sich der Vertragsarzt, der seine Praxis bzw. seinen Vertragarztsitz aufgeben will, einen anderen Vertragsarzt sucht, der seine Praxis "vergrößern" will, aber lieber mit einem angestellten Arzt als einem Partner arbeiten möchte.
Behilflich hierbei ist der durch das Vertragsarztänderungsgesetz (VÄndG) geschaffene
§ 103 Abs. 4 b SGB V. Diese Vorschrift ermöglicht einem Vertragsarzt, der seine Praxis bzw. seinen Vertragsarztsitz aufgeben will als angestellter Arzt bei einem anderen Vertragsarzt tätig zu werden, auch wenn für das Fachgebiet Zulassungsbeschränkungen bestehen.
Vorteil einer solchen Konstellation ist, dass der Praxisinhaber nunmehr ein zweites Budget erhält, ohne einen neuen Gemeinschaftspraxispartner mit aufnehmen zu müssen. Er kann die Tätigkeit im Rahmen des zweiten Sitzes durch einen angestellten Arzt erledigen lassen.
Ein älterer Vertragsarzt, der seine Nachfolge und eine entsprechende Vergütung sicherstellen will, kann so zugunsten eines anderen Vertragsarztes (oder Gemeinschaftspraxis) auf seine Zulassung verzichten und lässt sich von diesem Vertragsarzt /dieser GP anstellen.
Die Anstellung ist vom Zulassungsausschuss zwingend zu genehmigen.
So kann der nunmehr angestellte Arzt eine gute "Entlohnung" für seinen Vertragsarztsitz erhalten. Gleichzeitig hat der anstellende Arzt den Vorteil, dass er sich seinen Angestellten (ehemaligen Zulassungsinhaber) frei aussuchen kann und durch einen von ihm gewünschten "Nachfolger" zu einem späteren Zeitpunkt ersetzen kann.
Gerade für jüngere Ärzte, die nicht die finanziellen Mittel haben, unmittelbar eine Praxisübernahme zu finanzieren, ist eine solche Tätigkeit „auf einem Angestellten-Sitz“ ebenfalls attraktiv, so dass alle Beteiligten zufrieden sind.
Rainer Kuhlen
RK