Kanzlei Kuhlen

Kanzlei Kuhlen

Rathausplatz 4

34246 Vellmar

Tel: 0561/ 3 17 15 17

Fax:0561/ 3 17 15 18

info@kanzlei-kuhlen.de

Start > Aktuelles

AKTUELLES

Exklusivität der Zyto-Verträge – Treiben die Kassen den Streit auf die Spitze ? | 14.06.2017

Am 13.05.2017 ist das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG) in Kraft getreten. Inhalt des Gesetzes ist u.a. die Sicherstellung der freien Apothekenwahl bei der Versorgung mit Zytostatika aus der Apotheke. Es wird künftig ausgeschlossen, dass Krankenkassen mit bestimmten Apotheken Exklusivverträge zur Versorgung mit Zytostatika abschließen.

Bereits als erkennbar wurde, dass das Gesetz kommen würde, versuchten jedoch einzelne Ersatzkassen (BEK, Techniker und KKH) noch schnell ihre Exklusivverträge umzusetzen, um sie noch möglichst lange Zeit nutzen zu können und so dem neuen Gesetz entgegenzuwirken, indem sie eine angekündigte Übergangsfrist nutzen wollten.

Im Gesetz ist geregelt, dass „Verträge“ noch eine Übergangsfrist von 3 Monaten fortgeführt werden können. Die amtliche Begründung erläutert insoweit, dass nur bereits bestehende Verträge für diese Übergangszeit von 3 Monaten fortgesetzt werden dürfen.

Streitig ist nunmehr die Frage, ob während dieser Übergangszeit aufgrund bereits abgeschlossener Exklusiv-Verträge diese auch exklusiv weiter durchgeführt werden dürfen, d.h. eine anderweitige Versorgung des Patienten außerhalb dieser „Altverträge“ ausgeschlossen ist und damit die freie Apothekenwahl für die Übergangszeit doch wieder ausgeschlossen sein könnte.

Das BMG bzw. Frau Annette Widmann-Mauz teilte im Rahmen dieses Streits zunächst mit, es dürfe keine Umgehung bestehender gesetzlicher Regelungen durch kurzfristige Vertragsabschlüsse geben. Dementsprechend würde es ab Inkrafttreten des Gesetzes keine Exklusivität mehr geben und die freie Apothekenwahl sei gewährleistet.

Die Krankenkassen dagegen versuchen mit dem Wortlaut des neuen Gesetzes die letzten drei Monate Exklusivität der Verträge durchzusetzen und lehnen die Versorgung unter Nutzung der freien Apothekenwahl innerhalb dieses Übergangszeitraums ausdrücklich ab. Angekündigt wurde sodann, dass alle Apotheken, die in exklusiv vergebenen Losgebieten ohne Exklusivitätsvertrag onkologische Zubereitungen beliefern, mit Nullretaxationen rechnen müssten.

Eingeschaltet hat sich daraufhin auch der Gesundheits-Staatssekretär Lutz Stroppe mit einem Schreiben an die Kassenverbände. Er zeigte den Kassen deutlich auf, dass nach seiner Rechtsauffassung die Altverträge seit Mitte Mai nicht mehr exklusiv seien. Mit Inkrafttreten des AMVSG am 13.05.2017 hätten die alten Zvto-Verträge Ihre Exklusivität verloren. Auch im Rahmen der dreimonatigen Übergangsfrist bis zum Auslaufen dieser Verträge gäbe es daher keinen Raum für Retaxationen von Abrechnungen von Apotheken, die keinen Zuschlag im Ausschreibungsverfahren erhalten hätten.

Eine ausdrückliche Reaktion der Kassen auf dieses Schreiben gibt es noch nicht. Es steht aber zu befürchten, dass die Kassen an ihrer Rechtsauffassung festhalten und – wie angedroht – innerhalb der Übergangszeit alle Abgaben von Apotheken, die nicht im Rahmen eines Exklusivvertrages erfolgten, auf Null retaxieren werden.

Aufgrund des Gewaltenteilungsprinzips in Deutschland ist auch nicht sichergestellt, dass sich die Sozialgerichte nach den Vorstellungen der Gesetzgebung richten werden. Es gab auch in der Vergangenheit immer wieder Fälle, in denen die Gerichte ein Gesetz gegen den erklärten Willen der Gesetzgebungsorgane ausgelegt haben, weil der ausdrückliche Wortlaut eines Gesetzes nach Ansicht der Gerichte anderweitig auszulegen war.

Für die Apotheker ohne Exklusivverträge entsteht so in den ersten drei Monaten seit Inkrafttreten des Gesetzes die schwierige Situation, dass sie nicht sicher sein können, ob und ggf. wann sie die Vergütung der Krankenkassen erhalten werden. Um überhaupt eine Vergütung zu erhalten, müssen sie sich auf einen längeren Gerichtsprozess einstellen. Nur wenn die Gerichte im Ergebnis die Rechtsauffassung des BMG teilen werden, werden sie überhaupt eine Vergütung hierfür erhalten.

Angesichts der Tatsache, dass das neue Gesetz gerade das Gegenteil sicherstellen soll, ist dieses dominante Verhalten der Krankenkassen – auch dem Gesetzgeber gegenüber - befremdlich. Nichtsdestotrotz verbleibt für Apotheker, die sich gesetzeskonform verhalten möchten, aber bisher keinen Exklusivvertrag haben, ein erhebliches Vergütungsrisiko innerhalb der Übergangszeit. Diesem könnte nur begegnet werden, in dem die dahinterstehende Rechtsfrage so schnell wie möglich im Rahmen eines Eilverfahrens geklärt wird. Ob eine Gerichtsentscheidung allerdings vor Ablauf der 3-monatigen Übergangsfrist zu erreichen sein wird, ist offen.

<< zurück

IK